2011-06-19

Reise Reise Reise

Ich habe meinen Weg von Hoian bis nach Jakarta gemacht. Wie ich das geschafft habe? Das frage ich mich selbst manchmal. 14 Tage, 4 Länder, 4 Wechselkurse und unzählige Hotelbetten später bin ich in der Hauptstadt Indonesiens angekommen.

Bild: Orte die ich in Vietnam besucht habe.


Begonnen hat dieser Weg mit der 7-tägigen Motorradtour durch Mittel- und Südvietnam. Die Tour habe ich 24 Stunden täglich mit meinem Fahrer Ocean „Haut an Haut“ verbracht. Meist 8 Stunden pro Tag auf dem Motorrad sind wir durch die bergige Landschaft im Westen Vietnams gefahren, haben unseren Weg bis an die Küste im Osten gemacht und uns den Weg an der Küste über Na Thrang bis in den Süden nach Ho Chi Minh City gekämpft. Auf dieser Tour hatte ich einen einmaligen und unbezahlbaren Einblick in die vietnamesische Kultur und Lebensweise. In den Easy Rider Tagen sind wir in unzählige Familienhäuser reingeplatzt, als wäre es das normalste auf der ganzen Welt. 99% der angesprochenen Leute haben extrem offen und freundlich auf unsere Anfragen reagierten. Mein Tourguide hat meist nur kurz erklärt, dass ich mehr über die Vietnamesische Kultur erfahren möchte und schwupps saß ich mitten in neuen Familien und Aufgaben. Ich habe geholfen traditionelles Essen zu kochen, Kinder zu versorgen, Reis zu pflanzen, Tee zu pflücken, Schweine einzufangen und Englisch zu üben. Dabei wurden mir immer die gleichen Fragen gestellt: „Wie alt bist du? Warum reist du alleine? Wie viele Kinder hast du? Wo ist den Ehemann?“ Ohne Scheu wurde ich an allen Stellen meines Körpers begutachtet. Von einer Familie mit 4 Töchtern meines Alters wurde ich abgeknutscht und sogar nach Größe und Gewicht gefragt. Mir wurden die Haare geöffnet und geflochten, die Fingernägel kontrolliert, an die Brust gegriffen, die Hose hochgezogen und die Augenbrauen angefasst. Trotz der ungewohnten Gesten hatte ich unglaublich viel Spaß mit den Menschen. Mir wurde in jeder Familie ein Stuhl zum Sitzen angeboten, frisches Wasser zu trinken gegeben oder eine Frucht vom Baum gepflückt und aufgeschnitten. Stolz wurden mir neue Babys oder neu erworbene Fernseher gezeigt. Trotz erheblicher Sprachbarrieren haben wir uns verständigt, gemeinsam gelacht und gegessen.

Bild: Vietnamesisches Schlaf- und Wohnzimmer in einem Bauernhaus.

Bild: Vietnamesische Küche in einem Bauernhaus.





Ocean lud mich in sein Heimatdorf, in dem ich bei seiner Schwester im Haus übernachten durfte, ein. Zusammen fuhren wir in einem selbstgebauten runden Bambus-Strohboot auf einem Fluss bis ins Meer und sahen den Fischern bei ihrer täglichen Arbeit zu. Abends wurden wir von den Dorfbewohnern umkreist und ausgefragt. Kinder folgten mir mit neugierigen Blicken und großen Kulleraugen auf Schritt und Tritt. Jeder schien mir etwas zu essen geben zu wollen, in dem Glauben ein so großer Mensch wie ich müsse ständig essen, um nicht zu verhungern. Schließlich kam ich dann in Ho Chi Minh, froh nicht mehr sitzen zu müssen, an.
Dort stieß ein neuer Reisebegleiter zu mir und wir erkundeten gemeinsam die Stadt. Spontan beschlossen wir eine Mekong Delta Tour durch den Süden Vietnams mit Ende in Kambodscha zu machen. Und so geschah es schneller als ich es realisieren konnte, dass ich in Phnom Penh am Ufer  eines Flusses saß und mich mit buddhistischen Mönchen über Liebe und die Unterschiede zwischen Europa und Asien unterhielt. Nur 2 Tage später, ich hatte den 8-stündigen Bus nach Siem Reap genommen, fand ich mich in Angkor Wat wieder. Angkor Wat ist vermutlich der Ort, auf den ich mich von Deutschland aus am meisten gefreut hatte. Endlich hatte ich die Gelegenheit mir die unglaubliche Tempelanlage aus dem 9. bis 12. Jahrhundert anzusehen. Aufgrund der einmaligen Gelegenheit nahm ich mir einen Fahrer und einen Tourguide, der uns unglaublich viel Hintergrundwissen zu den Tempeln geben konnte.



In Kambodscha ist Regensaison und der Monsun hat angefangen. Der Ort Siem Reap, der komplett auf Touristen ausgelegt ist, ist wie leergefegt. Im Hotel kommt es mir vor als kämen 5 Angestellte auf einen Besucher. Ein Essen im lokalen Restaurant bekommt man für 1$. Mein Fahrer für einen Tag kostet 15$. Kambodscha ist anders als ich es mir vorgestellt hatte. Kambodscha hat in den letzten 15 Jahren ohne Krieg ein extremes Wachstum in Infrastruktur verzeichnet. Heute glänzen Phnom Penh und Siem Reap in Sauberkeit und spiegeln das moderne Asien wieder. Die Narben, die der Krieg in der Bevölkerung hinterlassen hat sind nach wie vor zu sehen. Und sobald man die neu ausgebauten Hauptverkehrsstraßen verlässt, kommt man auf ungeteerte Straßen voller Schlaglöcher, in denen sich der Regen in riesigen Pfützen angesammelt hat, über die sich die Motorräder quälen. Kambodscha ist ein Land, das ich auf jeden Fall wieder besuchen würde. Nächstes Mal für länger, damit ich auch Zeit habe mich in der ländlichen Gegend umzusehen – fernab der neuen groß ausgebauten Städte.

Wir nahmen den Bus von Siem Reap nach Bangkok (11 Stunden) und flogen direkt im Anschluss nach Jakarta. Wieder in einer großen Stadt bereite ich mich auf die anstehende Aufgabe vor: Meditation.