2011-05-31

Die Rollerfahrt


Ich höre ein leises „schhhhhh“, als das Motorrad sich den Weg durch den Reis bahnt, der auf blauen Planen zum Trocknen auf der Hauptverkehrsstraße des Ortes ausgebreitet wurde.
Die Landschaft zieht an mir vorbei und der Wind streicht mir durch die Haare. Ich ducke meinen Kopf hinter den des Fahrers, um nicht zu viel Staub in die Augen zu bekommen. Der Duft der Reisernte liegt in der Luft und soweit das Auge reicht strahlen die Felder goldgelb. Die Arbeiter bewegen sich in ungewohnter Geschwindigkeit, denn die Regensaison hat begonnen und die Reisernte muss schnell eingebracht werden, bevor sie vom bald kommenden Monsun zerstört wird.

Ich bin in der Mitte, auf der sog. Bambusstange des Landes angekommen.  (Vietnam wird aufgrund der geografischen Lage als Bambusstange mit zwei Reisschalen bezeichnet.) Das Leben hier scheint langsamer zu sein als das in der nördlichen Hauptstadt Ha Noi. Trotzdem steht man an den Ampeln im Ort Hue Knie an Knie mit Leuten auf den anderen Motorrollern.
Motorroller – das Heiligtum der Vietnamesen. Ein neuer Roller in Vietnam kostet umgerechnet ca. 1000 US Dollar und ist damit um einiges günstiger als ein Auto. So kommt es, dass fast jeder Vietnamese einen fahrbaren Untersatz besitzt. Auf den Rollern wird alles transportiert: 4-köpfige Familien, Hühner, Reissäcke… Das auffälligste was ich in meinen 10 Tagen in Vietnam gesehen habe, war wohl ein Herr, der ein großes Industrieblech auf seinem Roller transportiert hat. Dabei saß er auf dem Blech, das nach hinten über den Roller hinausragte, sich bis auf die Straße wölbte und beim Fahren seine Funken schmiss. Der Herr verbrauchte eine ganze Fahrbahn mit seinem Blech. Überraschend war, dass der Roller nicht nach hinten umkippte.

Wir biegen auf eine ungeteerte Straße ein und weichen im Slalom den erheblichen Schlaglöchern aus. Ich klammere mich mit der rechten Hand an meine Kamera, die ich trotz Rollerfahrt in der Hand halte und mit der Linken versuche ich mich am Haltegriff des Rücksitzes zu stabilisieren. Wir durchqueren ein kleines Dorf und die Kinder des Dorfes laufen unserem Roller nach, winken und rufen „heloooooo“. Ich lächle zurück…


Reis liegt auf der Hauptstraße zum trocknen in der Sonne.


Ich auf dem Rücksitz eines Motos.



Feldarbeiter bei der Reisernte.

2011-05-26

Nordvietnam


Ich tue einen Schritt nach vorne und ziehe meinen linken Fuß mit einem satten „Schmatz“ aus dem knöchelhohen Schlamm. Ein zweiter Schritt, mein Wanderstock rutscht ein etwas den Hang hinab und ich verliere die Balance. Ich sehe mich schon auf dem Hintern landen, als die starke Hand von Zah, einer 17-jährigen Bergdorfbewohnerin, meinen Arm greift und sagt „be careful madame“. Es ist Regensaison in Vietnam. Wir sind seit 5 Stunden zwischen den Reisfeldern unterwegs. Wir balancieren auf den Rändern der Reisterrassen, die etwa einen Fuß breit sind, und winken den Bauern zu, die mit ihren überhohen Gummistiefeln teils hüfttief im braunen Wasser stehen. Wir gehen im Slalom, denn immer wieder versperren Wasserbüffel oder Hühner den Weg. Der Pfad erfordert höchste Konzentration. Schweifen einem nur kurz die Gedanken ab, landet man in knietiefem Schlamm, tritt in Kuhmist oder sitzt plötzlich auf seinem „dritten Bein“, auch Hintern genannt. Ich wische mir mit meinem vom dichten Nebel klammen T-Shirt die Stirn, von der der Schweiß an meinen Augenbrauen entlang läuft, ab. Die Umgebung ändert sich und wir durchwandern einen Bambuswald. Der Guide erklärt uns, dass hier bis vor 30 Jahren noch große, andere Bäume standen und es nicht unüblich war Tiger auf dem Weg zu treffen. Leider haben die Einheimischen die Bäume gerodet und die Tiger wurden als beliebtes Jagdziel stark dezimiert. Der Bambuswald wird nun von der Regierung geschützt und es ist nicht mehr erlaubt Bäume ohne Erlaubnis zu roden. Diese Maßnahme kam leider etwas zu spät.

Unsere Gruppe besteht aus 5 Touristen, einem Führer und unzähligen Bergdorfbewohnern. Endlich erreichen wir das nächste Dorf, in dem wir die Nacht verbringen sollen. Kaum sind wir angekommen umkreisen uns die Bergdorfbewohnerinnen  mit ihren handgemachten Souvenirs. Zur Auswahl stehen silberne Armreifen, handgeknüpfte Armbänder, Taschen in allen Farben und Formen und Maultrommeln. Als ich mir den Weg aus den Damen bahnen möchte, sieht mich Zah vorwurfsvoll an und sagt: „I gave you my hand and now you don´t buy from me?“. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich die Dinge nun mal wirklich nicht brauche und biete ihr 10.000 vdn (ca. 20 ct) für ihre Unterstützung an. Sie rümpft empört ihre Nase und dreht sich um. Ich werfe den 10.000 vdn Schein in ihren Korb, der hinten an ihrem Rücken hängt und bedanke mich leise für ihre Hilfe. Die Familie bei der wir die Nacht verbringen hat schon das Abendessen vorbereitet. Es gibt traditionelle Nudelsuppe mit Ei, Chili und Koriander. Als Nachtisch steht selbstgebranntes „Happy water“ der Familie – Reisschnaps zur Verfügung. Nach drei Gläsern werde ich schläfrig, lege mich ins Bett und denke an die vergangenen Tage in der Ha Long Bucht. Ich spüre das Schaukeln des Boots und sehe verschwommen die unzähligen Inseln am Horizont. Während ich versuche mich an das laute grillen und zirpen der vielen Insekten und Vögel auf den Steilkliffen zu erinnern schlummere ich in meinem wiedererwarten gemütlichen Bett ein…

 Skyline in Ha Long Bay

Dorfbewohnerin wäscht sich in traditionellem Gewand die Hände.

 Blick auf die Hügel Sa Pas auf Reisfelder.

2011-05-22

Mr. Maslow - machen Sie mich glücklich!

Die letzten 10 Tage habe ich auf Maui verbracht. Dort habe ich mir die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und viele neue tolle Leute kennen gelernt und Freundschaften geschlossen. Während ich im Paradies auf Erden war, morgens einfach nur die Früchte aufheben musste, die von den Bäumen gefallen sind, um leckere Smoothies zu machen, stellte sich mir die Frage welches Motiv ich habe weiterzureisen und das hinter mir zu lassen.


Laut Maslow sollte ich zufrieden sein. Ich habe ein Bett, Freunde, die mich so akzeptieren wie ich bin und ausreichend Geld und Essen, um mir keine Sorgen machen zu müssen. Aber woran liegt es, dass ich noch nicht zufrieden bin? Ich nenne es das Streben nach Glück. Die Suchen nach Wissen und Macht. Aber ist Wissen = Macht = Geld? Vielleicht finde ich das heraus, wenn ich von meiner 10-tägigen Meditation in Indonesien wieder komme. Eines weiß ich aber sicher: Maslows Pyramide ist nicht komplett. Denn seine höchte Stufe ist nach oben offen.



Facebook ist down, weil heute Wahlen in Vietnam sind. Die Propagandalautsprecher laufen Tag und Nacht mit ihren Liedern. Es kommt mir so vor als wäre sich die Regierung ihrer Methoden nicht ganz sicher.
Wie auch immer. Ich bin endlich in VIETNAM! Es hat eine unglaublich hohe Luftfeuchtigkeit und meine Kleidung ist ständig feucht und klebt an meiner Haut. Mein erster Eindruck von Vietnam ist Überraschung darüber wie, für Südostasien, organisiert und sauber es hier ist. Ich bin in einem netten kleinen Hostel und versuche mich an die 19 Stunden Zeitunterschied von Hawaii zu gewöhnen. Heute bin ich schon um 5 Uhr morgens aufgewacht, bin durch die Stadt gelaufen und habe mir eine Vorstellung im berühmten Wasserpuppentheater angesehen.



Die nächsten 5 Tage verbringe ich segelnd in Ha Long Bay oder wandernd im Norden Vietnams in SaPa. Ich melde mich sobald ich wieder zurück bin und Facebook wieder funkioniert.

2011-05-08

Die Verwandlung beginnt


Ich bin mittlerweile bei Tag 65 meiner Reise angekommen und erste Veränderungen machen sich bemerkbar. Ich habe die Vermutung, dass ich mich verwandle - in eine Weltreisende!

Während ich in den Monaten der Vorbereitung gar nicht genug planen konnte und mir Reiseführer für zu besuchende Länder kaufte, kann ich jetzt gar nicht wenig genug planen. Ich erinnere mich immer wieder gerne an den Moment, in dem erste Anzeichen meiner Verwandlung sichtbar wurden. Mein erster Tag in New York, als ich meinen Rechner herausgezogen habe, um eine Excelliste mit zu planenden Aktivitäten zu erstellen. Laut meiner Planung hatte ich 10 Tage in New York, gegliedert nach morgens, mittags, abends, und unterschiedliche Aktivitäten und Treffen unterzubringen. Ich fing an alle einzutragen, als es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel: 

Ich bin im Urlaub. Ich bin im Urlaub für ein ganzes Jahr. Ich habe keinerlei Verpflichtungen. Ich muss GAR nichts.

Also PC zugeklappt (natürlich vorher noch abgespeichert) und versucht ausnahmsweise mal nicht zu organisieren. Die ersten Wochen nach diesem Zeitpunkt musste ich mich immer daran erinnern nicht zu viel vorauszuplanen. Mittlerweile  ist mir diese Haltung schon in Fleisch und Blut übergegangen. So weiß ich jetzt oft nicht wo ich am nächsten Tag schlafe, geschweige denn was ich in einer Woche tue. Ich bin angekommen. Ich bin spontan.



Durch diese innere Haltung kann ich Dinge erleben, die sonst nicht möglich gewesen wären. Mich fragen immer wieder Leute, ob ich keine Angst habe vor all den Gefahren, denen ich möglicherweise ausgesetzt bin. Dazu sage ich: Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken. Und nein, ich habe keine Angst. Dann sagen die Leute sie fänden es bewundernswert, wie ich das mache. Und darauf kann ich nur sagen: Ich bin als Planer geboren und habe mich dazu entschieden es nicht mehr zu sein. Diese Entscheidung macht mich in meiner aktuellen Situation zufrieden.

Weil ich nicht mehr plane, habe ich oft das Gefühl einfach mitzufließen und leicht neben mir zu stehen. Oft wirken Ereignisse auf mich surreal. So war ich auf einer Party von einem Mädchen, das ich nicht kannte, mit Leuten, die ich nicht kannte und habe mit ihrem Welpen gespielt und ihre Torte gegessen. Oder war gestern auf der Geburtstagsparty eines 2-jährigen und wurde „pretty big girl“ genannt, von Kindern an der Hand genommen und zum Spielen aufgefordert. Und während ich nicht verstehe was genau geschieht, sehe ich mich um und stelle fest, dass ich Teil von etwas tollem, neuem bin. Solche Momente werden für mich immer unvergesslich bleiben. Und eines ist sicher – Geplant war das nicht.