2011-05-26

Nordvietnam


Ich tue einen Schritt nach vorne und ziehe meinen linken Fuß mit einem satten „Schmatz“ aus dem knöchelhohen Schlamm. Ein zweiter Schritt, mein Wanderstock rutscht ein etwas den Hang hinab und ich verliere die Balance. Ich sehe mich schon auf dem Hintern landen, als die starke Hand von Zah, einer 17-jährigen Bergdorfbewohnerin, meinen Arm greift und sagt „be careful madame“. Es ist Regensaison in Vietnam. Wir sind seit 5 Stunden zwischen den Reisfeldern unterwegs. Wir balancieren auf den Rändern der Reisterrassen, die etwa einen Fuß breit sind, und winken den Bauern zu, die mit ihren überhohen Gummistiefeln teils hüfttief im braunen Wasser stehen. Wir gehen im Slalom, denn immer wieder versperren Wasserbüffel oder Hühner den Weg. Der Pfad erfordert höchste Konzentration. Schweifen einem nur kurz die Gedanken ab, landet man in knietiefem Schlamm, tritt in Kuhmist oder sitzt plötzlich auf seinem „dritten Bein“, auch Hintern genannt. Ich wische mir mit meinem vom dichten Nebel klammen T-Shirt die Stirn, von der der Schweiß an meinen Augenbrauen entlang läuft, ab. Die Umgebung ändert sich und wir durchwandern einen Bambuswald. Der Guide erklärt uns, dass hier bis vor 30 Jahren noch große, andere Bäume standen und es nicht unüblich war Tiger auf dem Weg zu treffen. Leider haben die Einheimischen die Bäume gerodet und die Tiger wurden als beliebtes Jagdziel stark dezimiert. Der Bambuswald wird nun von der Regierung geschützt und es ist nicht mehr erlaubt Bäume ohne Erlaubnis zu roden. Diese Maßnahme kam leider etwas zu spät.

Unsere Gruppe besteht aus 5 Touristen, einem Führer und unzähligen Bergdorfbewohnern. Endlich erreichen wir das nächste Dorf, in dem wir die Nacht verbringen sollen. Kaum sind wir angekommen umkreisen uns die Bergdorfbewohnerinnen  mit ihren handgemachten Souvenirs. Zur Auswahl stehen silberne Armreifen, handgeknüpfte Armbänder, Taschen in allen Farben und Formen und Maultrommeln. Als ich mir den Weg aus den Damen bahnen möchte, sieht mich Zah vorwurfsvoll an und sagt: „I gave you my hand and now you don´t buy from me?“. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich die Dinge nun mal wirklich nicht brauche und biete ihr 10.000 vdn (ca. 20 ct) für ihre Unterstützung an. Sie rümpft empört ihre Nase und dreht sich um. Ich werfe den 10.000 vdn Schein in ihren Korb, der hinten an ihrem Rücken hängt und bedanke mich leise für ihre Hilfe. Die Familie bei der wir die Nacht verbringen hat schon das Abendessen vorbereitet. Es gibt traditionelle Nudelsuppe mit Ei, Chili und Koriander. Als Nachtisch steht selbstgebranntes „Happy water“ der Familie – Reisschnaps zur Verfügung. Nach drei Gläsern werde ich schläfrig, lege mich ins Bett und denke an die vergangenen Tage in der Ha Long Bucht. Ich spüre das Schaukeln des Boots und sehe verschwommen die unzähligen Inseln am Horizont. Während ich versuche mich an das laute grillen und zirpen der vielen Insekten und Vögel auf den Steilkliffen zu erinnern schlummere ich in meinem wiedererwarten gemütlichen Bett ein…

 Skyline in Ha Long Bay

Dorfbewohnerin wäscht sich in traditionellem Gewand die Hände.

 Blick auf die Hügel Sa Pas auf Reisfelder.

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