2011-07-08

Vipassana Meditation in Indonesien

Es ist still. Durch die geschlossenen Holzfensterläden bricht langsam das erste Licht des Tages und beginnt den Raum, in dem ich sitze zu erhellen. Mit mir sitzen ca. 30 Frauen und 20 Männer in der Meditationshalle auf Kissen im Schneidersitz. Die meisten sitzen kerzengerade, wie Buddah-Statuen. Der ein oder andere sinkt während der Morgenmeditation in sich zusammen, schreckt in regelmäßigem Rhythmus auf und richtet seine Position wieder aus.

Aus dem Tal hört man die islamischen Sänger das erste Gebet des Tages in die Dörfer hinausrufen. Gemischt mit Grillenzirpen, Hundebellen und Gockelkrähen ergibt das einen interessanten Geräuschebrei um 5 Uhr morgens.



Ich befinde mich in einem Vipassana Meditationszentrum in der Nähe von Bogor, Java, Indonesien. Ich absolviere einen 10 Tages Meditationskurs unter extremen Bedingungen. Es ist nicht gestattet Input zu erhalten, damit sich die Schüler voll und ganz auf die Meditation konzentrieren können. Kein Input – das bedeutet kein Sprechen, Lesen, Schreiben, Hören, Singen, Summen, Rennen, Sport treiben etc.. Unter Kommunikation ist nicht nur die Kommunikation in Sprache, sondern jegliche zwischenmenschliche Kommunikation zu verstehen. (Auch ein Blick oder ein Lächeln sind nicht erlaubt)

Der Tagesplan sieht folgendermaßen aus:
4:00 am
    
Morgengong
4:30-6:30 am

Meditation in der Halle oder im Zimmer
6:30-8:00 am

Frühstück
8:00-9:00 am

Gruppenmeditation in der Halle
9:00-11:00 am

Meditation in der Halle oder im Zimmer je nach Lehreranweisung
11:00-12:00 noon

Mittagessen
12noon-1:00 pm

Pause und Lehrerinterviews
1:00-2:30 pm

Meditation in der Halle oder im Zimmer
2:30-3:30 pm

Gruppenmeditation in der Halle
3:30-5:00 pm

Meditation in der Halle oder im Zimmer je nach Lehreranweisung
5:00-6:00 pm

Tee Pause
6:00-7:00 pm

Gruppenmeditation in der Halle
7:00-8:15 pm

Vipassana Instruktionen von indischem Guru per Videobotschaft
8:15-9:00 pm

Gruppenmeditation in der Halle
9:00-9:30 pm

Fragerunde in der Halle
9:30 pm

Schlaf – Lichter aus

Die Tage sind durch einen Gong gegliedert. Insgesamt sieht der Plan 10 Stunden Meditation täglich vor. In den Kurs mitgebracht habe ich nur das was ich für 10 Tage an Kleidung brauche. Sogar meinen Geldbeutel haben sie am Eingang als Deposit hinterlegt. Ablauf der 10 Tage ist folgender: Tag 1-3: Erlernen der Konzentration auf den Atem, um die Aufmerksamkeit zu ersteigern und das Gehirn zu fokussieren. Tag 4: Erlernen der Vipassana Meditations-Technik. Tag 5-9: Ausweiten der Vipassana Meditationstechnik.

Die Tage sind durch einen Gong gegliedert. Insgesamt sieht der Plan 10 Stunden Meditation täglich vor. Die Meditationslehre kommt aus Indien und wird durch neue Medien (DVDs und Tonbänder) international verteilt.
Kern der Meditationstechnik war es zu erkennen, dass alles im Leben vergänglich ist. Ziel ist es Gleichgültigkeit zu entwickeln und sich somit nicht mehr in Verlangen und Abneigung zu vergeuden. Laut Vipassana bedeutet es einen Schritt zur Erleuchtung, wenn man in der Lage ist ohne neue „cravings“ oder „abortions“ zu leben. Ich kann mir ein Leben frei von Leidenschaft, Liebe, Abneigung, Verlangen etc. nicht vorstellen. 10 Tage in Stille zu leben fiel mir schwerer als ich anfangs gedacht hätte. Nach 10 Tage ohne Lächeln und Kommunikation kam ich mir wie ein Zombie vor. Es hat 10 Tage Meditation in Stille gebraucht um herauszufinden, dass ich nicht erleuchtet werden will und mit mir so zufrieden bin wie ich bin. Daher lautet mein Resumé:  10 Tage Meditation war ein extremes Experiment und auf jeden Fall eine Erfahrung wert. Jetzt muss ich erstmal Fallschirmspringen gehen…

Links zu Vipassana Meditation:

5 Kommentare:

  1. Wow. Das klingt echt unglaublich. Du, und 10 Tage nicht lachen kann ich mir nur schwer vorstellen :)
    Ich glaube jetzt solltest du erstmal 10 Tage durchlächeln um alles wieder aufzuholen.
    LG, Judith

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  2. Hut ab das 10 Tage lang durchzuhalten !

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  3. Finde ich stark, dass Du das durchgehalten hast. Ich wäre wahrscheinlich schon am 2. Tag dort abgehauen oder hätte im Hof einen Kiosk für Lebensfreude eröffnet - als Gegenentwurf und Anlaufstelle für Leute, die ich versuchen würde, aus dieser Trostlosigkeit zu retten.
    Ralph

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  4. Deine Erkenntnis hat mir am besten gefallen! Hab mich geschüttelt vor Lachen!
    Deine Oma

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  5. Das ist bewundernswert Dein fester Wille. Hätte ich nie geschafft. Aber Du bist ja zu einer ganz tollen Erkenntnis gekommen.Das ist beruhigend. Mach weiter
    Gruß Helga

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